Der Finma-CS-Deal: Freispruch
gegen Teilentschädigung?

Das 35-seitige vertrauliche Finma-Dokument bezüglich Lehman-Brothers-Konkurs, das der «Sonntag» am vergangenen Wochenende veröffentlicht hat, ist in zweierlei Hinsicht vielsagend. Einerseits, weil es überdeutlich zeigt (1, 2, 3, 4), dass der offizielle Finma-Bericht zugunsten der Credit Suisse massiv geschönt wurde und dass sich die Credit Suisse tatsächlich grosse «Fehler» leistete. Andererseits, weil es offenbar zuhanden des Finma-Verwaltungsrats erstellt wurde.

Der Finma-Verwaltungsrat beschäftigt sich in der Regel nicht mit Sachgeschäften, er wird nur bei grundlegenden Fragen involviert. Folglich muss angenommen werden, dass die Resultate der Finma-Voruntersuchung deshalb an den Verwaltungsrat gingen (notabene mit dem Vermerk «Geschäft von grosser Tragweite»), weil die Geschäftsleitung die Erkenntnisse als sehr problematisch betrachtete. Erhoffte man sich von der VR-Sitzung vom 18./19. März 2009 einen strategischen Entscheid?

Wie auch immer: In ihrem offiziellen Schlussbericht vom 2. März 2010 verdreht die Finma gemachte Erkenntnisse ins Gegenteil, sie unterschlägt zahlreiche wichtige Informationen und nimmt die CS vollständig aus der Schusslinie. Kurz: Die Finma schützt die CS aktiv vor Haftungsansprüchen der Geschädigten und schlechter Presse. Mit Erfolg: In diversen Rechtshändeln zwischen der Grossbank und Kleinanlegern stützten und stützen sich Anwälte und Richter auf den Finma-Bericht und die darin «bewiesene» Unschuld der CS.

Der Verdacht liegt nahe: Finma und CS einigten sich nach der VR-Sitzung vom 18./19. März auf ein Gegengeschäft – milderer Schlussbericht (sprich Freispruch) gegen Erweiterung des Empfängerkreises von Teilrückkaufsangeboten (sprich bessere Entschädigung der Kleinanleger). Tatsache ist: Knapp vier Wochen nach der erwähnten Sitzung kommunizierte die CS (1, 2), dass sie den Empfängerkreis für Teilrückkaufsangebote erweitern werde. Anfänglich hatten nur Kunden mit 50% Lehman-Anteilen im Depot und weniger als CHF 500’000 Vermögen ein Teilrückkaufsangebot erhalten (das heisst: praktisch niemand). Mitte April 2009 wurde der benötigte Anteil Lehman-Papiere am Depot auf 20% gesenkt.

Erhärten oder widerlegen lässt sich der Verdacht nur, wenn die damaligen Finma-VR-Mitglieder …

  • Eugen Haltiner, Präsident
  • Monica Mächler, Vizepräsidentin
  • Daniel Zuberbühler, Vizepräsident
  • Anne Héritier Lachat
  • Sabine Kilgus
  • Paul Müller
  • Charles Pictet
  • Bruno Porro
  • Jean-Baptiste Zufferey

… befragt werden. Eine Aufgabe für Medien und Politik.

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