Ein Blick ins journalistische Selbstverständnis des Thomas Ley

Am 21. Dezember veröffentlichten «SonntagsZeitung» und «TagesAnzeiger» Analysen der Extraktionsberichte des Handys von Geri Müllers Chat-Partnerin. In beiden Texten wurde deutlich, dass sich «Blick»-Chefredaktor René Lüchinger für eine Publikation der Affäre stark gemacht hatte.

Das gefiel Thomas Ley, «Blick»-Blattmacher und Mitglied der Chefredaktion, offensichtlich nicht. Er tweetete:

Wieder mal Storys u.a. über @Blickch ohne dass @Blickch angefragt wurde. Darum, fürs Protokoll: Es gab nie eine @Blickch-Geschichte, für die «der richtige Zeitpunkt» abgewartet wurde. Dass das jetzt ohne neue Belege wieder behauptet wird, ist sehr ärgerlich.

Ich war am 21. Dezember bereits im Besitz der Chat-Protokolle und hatte mir selbst ein Bild von René Lüchingers Verhalten machen können. Thomas Leys Aussage kam mir deshalb – gelinde gesagt – merkwürdig vor.

Ich fragte:

Das heisst: Der Blick bzw. René Lüchinger waren nie kurz vor der Publikation?

Thomas Leys Antwort:

Das heisst es.

Auch wenn man darüber streiten kann, wie «kurz vor der Publikation» genau zu verstehen ist: Die Chat-Protokolle belegen, dass Thomas Leys Aussage eine Lüge ist. Am 5. Januar, nachdem ich meine eigene Analyse der Chat-Protokolle publiziert hatte, erlaubte ich mir deshalb, noch einmal zu fragen:

Sind Sie sicher? Die Chat-Protokolle sprechen eine andere Sprache.

Ein Tweet, auf den Thomas Ley nicht reagierte. Am 6. Januar fasste ich nach:

Ich warte immer noch auf eine Antwort. Stehen Sie zu Ihrer «Das heisst es»-Aussage?

Wieder: keine Antwort – wenigstens keine öffentliche. Thomas Leys Replik kam per Mail, ohne Anrede, ohne Gruss. Den Inhalt erspare ich Ihnen.

Thomas Ley ist zwar Blattmacher einer Zeitung, die Fehltritte genüsslich seziert, sich an Lügengeschichten delektiert und Leute öffentlich blossstellt. Geht es aber um ihn selbst, bietet er nicht Gegenrecht. Er ist nicht willens, eine berechtigte Frage zu einem öffentlichen Thema, zu dem er sich öffentlich aus dem Fenster gelehnt hat, öffentlich zu beantworten. Ein merkwürdiges journalistisches Selbstverständnis.

Es geht mir hier nicht um eine private Abrechnung, sondern darum, dass «Blick»-Chefredaktor René Lüchinger im Fall Geri Müller öffentlich gelogen hat. Es geht mir darum, dass «Blick»-Blattmacher Thomas Ley diese Lüge öffentlich stützt und sich weigert, öffentlich Stellung zu nehmen.

Kein schönes Bild.

 

Nachtrag:
Auf Wunsch von Thomas Ley hier der Wortlaut des Mail, das er mir geschickt hat:

Lassen Sie das. Sie sollten inzwischen wissen, dass ich diese Zur-Rede-Stellungen öffentlich ignoriere. Ich habe keinen Grund, irgendwas zurückzunehmen.

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