Sandro Brotz wird persönlich

«Rundschau»-Moderator Sandro Brotz äussert sich auf Facebook zur Kritik an seiner Syrien/Assad-Sendung. Und wird persönlich. Über mich schreibt er:

Ein Tiefflieger war hingegen Stefan Schaer, der sonst gerne die offizielle 9/11-Theorie in Zweifel stellt, und für Infosperber den syrischen Machthaber lobte („Er tat dies selbstsicher überzeugend“) und den kleinen Schweizer runtermachte („während Brotz einen überforderten Eindruck machte“).

Über die Rückmeldungen in diversen Zeitungen (unter anderen: 1, 2) schreibt er:

Die persönlichen Angriffe kann ich unterdessen nach bald 5 Jahren Rundschau ausschalten. Wer gebührenfinanziertes Fernsehen macht, wird von Besserwissern, Heuchlern und Neidern begleitet – gerade aus der eigenen Zunft. Das müssen wir, die den Kopf raushalten, aushalten können.

Arrivierte Medienjournalisten wie Rainer Stadler und Kurt W. Zimmermann sind für Brotz «Besserwisser, Heuchler und Neider», ich bin ein «Tiefflieger», dessen Untauglichkeit man mit der 9/11-Keule belegen muss. Mit Verlaub Herr Brotz: Das klingt nicht danach, als könnten Sie persönliche Angriffe tatsächlich «ausschalten».

Notabene: In keinem der Texte, die ich gelesen habe, ist irgendetwas enthalten, das man als «persönlichen Angriff» bezeichnen könnte. Überall geht es um Kritik an der Sendung, um Kritik am Verhalten des Interviewers, um Kritik an der Wahl der Gäste usw. Das müsste möglich sein. Insbesondere, wenn es um ein Politmagazin geht und einen Journalisten, der sich gerne kritisch gibt. Aber eben, Andere zu kritisieren ist nicht dasselbe, wie selbst kritisiert zu werden.

Brotz schafft es jedenfalls nicht, in irgendeiner Form auf die inhaltlichen Rückmeldungen einzugehen. Stattdessen betont er, wie wichtig sein Auftritt bei Assad war:

Barnaby Skinner von der Sonntagszeitung hat hingegen einen wesentlichen Punkt erkannt. Den Moment einfangen, wenn Assad ein Foto eines verletzten Jungen hingehalten wird, kann nur Fernsehen: „Selten zuvor konnten die Schweizer Zuschauer die Skrupellosigkeit des syrischen Diktators mehr spüren als während dieses Augenblicks.“ Für Thomas Ley vom Blick war klar: „Allein schon deshalb hat sich dieses Rundschau-Interview gelohnt.“

Brotz tut, als wäre er der erste, der Assad mit den Folgen eines Kriegs konfrontiert. Er bildet sich ein, Assad mit dieser Aktion die Maske vom Gesicht gerissen und seine Skrupellosigkeit entlarvt zu haben. Das ist einfach nur naiv.

Weiter gehts im selben Stil:

Viel spannender ist, dass keiner der erwähnten Kollegen sich die Frage gestellt hat, was denn die Alternativen seien. Diktatoren einfach totschweigen? Ihnen nicht zuhören, wenn sie ihre Lügen über bombardierte Spitäler, Chemiewaffen und Foltergefängnisse absondern?

Erstens hat niemand irgendwo verlangt, dass man irgendetwas totschweigt. Zweitens habe ich sehr wohl die Frage gestellt bzw. festgestellt, was die Alternativen gewesen wären. Für Sandro Brotz hier noch einmal: Richtig wäre gewesen, die Chance eines Assad-Interviews für eine breite Analyse des Konflikts zu nutzen. Will heissen: Mehrere Experten, unterschiedliche Standpunkte, verschiedene Diskussionsfelder. Nur so hätte SRF dem Zuschauer die Möglichkeit gegeben, sich einen einigermassen fundierten Eindruck der Aussagen Assads zu verschaffen. Wer mit einer Extremposition (Kurt Pelda) eine andere Extremposition (Assad) zu widerlegen versucht, leistet keine Aufklärungsarbeit.

Gegen Ende seiner Replik zeigt sich Brotz plötzlich versöhnlich und führt das vorher Gesagte ad absurdum:

Medienjournalisten sollen und müssen auch weiterhin genau hinschauen bei dem, was wir tun. Aber sie sollen bitte auch nicht wegschauen, wenn Diktatoren Menschen-, Völker- und Kriegsrechte mit den Füssen treten.

Ich bin verwirrt: Sollen wir nun genau hinschauen und kritisieren? Oder sollen wir, weil viele Journalisten es nicht ertragen, kritisiert zu werden, beide Augen zudrücken? Zudem: Wo bitte haben wir weggeschaut bei dem, was Diktatoren tun?

Und: Nein, Herr Brotz, auch dieser Text ist kein persönlicher Angriff, es ist eine inhaltliche Kritik ihrer Replik. Persönliche Angriffe werden mit Begriffen wie «Tiefflieger» oder «Heuchler» geführt.

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