Finma-Bericht zum Lehman-Konkurs:
Viele Fragen, keine Antworten

Überraschend hat der «Sonntag» gestern noch einmal prominent zum internen Finma-Bericht betreffend Lehman Brothers-Konkurs nachgelegt. Und: Der Finma-Bericht wird zum Download zur Verfügung gestellt.

So weit so gut. Ungenügend ist, was der «Sonntag» aus der Geschichte herausholt. Seit die Zeitung am 8. Oktober erstmals über die Finma-Analyse berichtet hat, ist ein ganzer Monat vergangen. Ausreichend Zeit, das Thema ausführlich zu recherchieren, Statements und Einschätzungen von Anwälten und Betroffenen einzuholen, ausreichend Zeit, mit der Anleger-Selbsthilfe, dem Konsumentenschutz und Politikern über mögliche Konsequenzen zu sprechen und die veränderte Situation zu analysieren.

Nichts davon hat der «Sonntag» gemacht. FDP-Nationalrat Philipp Müller kommt im gestrigen Text als Einziger zu Wort, ihm bleibt es vorbehalten, die Bankenaufsicht zu kritisieren:

«Die Finma kommt in den beiden Berichten nicht nur zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Es bleiben auch Fakten, die im ersten Bericht eine zentrale Rolle spielten, im zweiten Bericht unerwähnt. Ich kann mir nicht erklären, warum dies so ist.»
(…)
Für den Finanzpolitiker Müller ist klar: «Die Widersprüche zwischen den beiden Berichten zeigen leider, dass beispielsweise die CS im öffentlichen Bericht wesentlich besser beurteilt wird, als dies im ersten Bericht der Fall war. Das wirft die Frage auf, ob die Finma den Schutz der Beaufsichtigten nicht höher gewichtet als den Schutz der Anlegerinnen und Anleger.» Für Müller ist es «sehr problematisch, wenn eine Behörde in einem öffentlichen Dokument andere Darstellungen macht als in einem internen Bericht».

Das ist alles, was der «Sonntag» zu bieten hat. Dem Leser bleibt unklar, was das Gesagte bedeuten könnte. Hat sich die rechtliche Situation für die Kleinanleger verändert? Sind all die verlorenen Gelder doch noch zu retten? Braucht es eine neue Untersuchung? Droht der Finma gar eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK)? Statt diese offensichtlichen Fragen zu beantworten (oder es wenigstens zu versuchen), füllt der «Sonntag» drei Viertel seiner Wirtschafts-Aufschlagseite mit unlesbaren Miniaturbildern aus dem Finma-Bericht. Wieso zeigt er nicht wenigstens die entscheidenden Stellen des Berichts gross?

Leider ist der «Sonntag» mit seiner Nicht-Recherche kein Einzelfall. Schon vor eineinhalb Jahren hätte es wenig Aufwand gebraucht, um festzustellen, dass der offizielle Finma-Bericht eine Farce ist. Die Probleme von Lehman Brothers waren ab Mitte 2007 bekannt – auch der Credit Suisse. Als die Finma ihren offiziellen Bericht am 2. März 2010 veröffentlichte, hätten die Medien reagieren müssen. Sie hätten feststellen müssen, dass der Bericht die Realität nicht nur verschweigt, sondern ins Gegenteil verdreht. Sie hätten feststellen müssen, dass die Finma Banken- statt Anlegerschutz betreibt. Sie hätten sich für die vielen betrogenen Kleinanleger stark machen müssen.

Immerhin: Seit gestern kann der interne Finma-Bericht heruntergeladen werden. Das gibt Anderen Gelegenheit, die Arbeit, die der Sonntag hätte leisten sollen, nachzuholen.

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